Ein Symbol für Sicherheit und Stolz
Pretziener Wehr feiert 150-jähriges Bestehen / Am Samstag "Tag der offenen Tür"

Vor genau 150 Jahren, im Jahr 1875, wurde das Pretziener Wehr fertiggestellt – ein technisches Meisterwerk seiner Zeit. Doch es ist mehr als nur ein Bauwerk aus Stahl und Stein. Es ist Symbol für die Verbindung von Natur und Technik, von Herausforderung und Lösung, von Vergangenheit und Zukunft. Heute und morgen feiert der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, LHW, dieses Jubiläum mit einer Festveranstaltung und einem Tag der offenen Tür, der am Samstag, 6. September 2025, um 10 Uhr am Wehr beginnt.
Die Elbe, dieser große Strom, begleitet unsere Stadt Schönebeck schon seit dem Jahr 1020 in ihrem heutigen Flussbett. "Über 1.000 Jahre hat sie unsere Geschichte geprägt – sie war Segen und Bedrohung zugleich", sagte Oberbürgermeister Bert Knoblauch. Sie brachte Handel, Austausch, Wachstum. "Sie verband uns mit der Welt: mit der barocken Schönheit Dresdens, mit der traditionsreichen Porzellanstadt Meißen, mit der Ottostadt Magdeburg direkt vor unserer Haustür – und natürlich mit der stolzen Hansestadt Hamburg, dort, wo die Elbe schließlich in die Nordsee mündet." Die Elbe war das Fenster in die Welt – und sie ist es bis heute.
Aber: "Die Elbe hat uns auch auf eine harte Probe gestellt." Immer wieder. Die Menschen in der Region haben das oft am eigenen Leib erfahren – zuletzt bei den verheerenden Hochwassern 2002 und 2013. Doch schon lange vor diesen Ereignissen war klar: Dieser Fluss braucht Regeln, braucht Raum, braucht Schutzmaßnahmen, damit aus dem Segen kein Fluch wird. Bis 1875 – also bevor das Pretziener Wehr gebaut wurde – hatten Hochwasser teils schlimme Folgen für Schönebeck und das Umland. Die Region lebte zunehmend von der Feldwirtschaft, die sich ab dem 12. Jahrhundert entwickelte. Die Felder mussten geschützt werden – aber auch der Fluss musste weiter schiffbar bleiben. Es war ein Balanceakt, der technische und politische Klugheit erforderte.
Drei zentrale Anforderungen ergaben sich aus dieser Situation:
- Bei niedrigem Wasserstand durfte das wenige Elbwasser nicht einfach in den Niederungen versickern – sonst hätten Schiffe auf dem Trockenen gesessen.
- Bei mittlerem Hochwasser mussten die Felder und Wiesen geschützt werden, damit die Wirtschaft nicht zum Erliegen kam.
- Und bei extremem Hochwasser musste das Wasser kontrolliert und großflächig abgeleitet werden – sonst wären elbnahe Gebiete gefährdet gewesen.
Die Antwort auf diese Herausforderungen war ein ebenso kluger wie mutiger Entschluss: der Bau des Elbe-Umflutkanals – beidseitig durch hohe Deiche gesichert – und als Herzstück: das Pretziener Wehr. Ein beeindruckendes Bauwerk. Damals wie heute. Es ermöglicht, bis zu ein Drittel des Elbwassers bei Hochwasser an Schönebeck und Magdeburg vorbei zu führen. "Ohne das Pretziener Wehr wäre unsere Stadt mehrfach massiv überflutet worden." Man kann also mit Fug und Recht sagen: Dieses Wehr hat Leben geschützt. Und es schützt sie noch immer.
Aber nicht nur das: Es hat auch dafür gesorgt, dass Wirtschaft, Handel und Industrie sich in der Region entwickeln konnten – ohne Angst vor den zerstörerischen Kräften der Elbe. "Heute, 150 Jahre später, wissen wir: Diese Entscheidung war weitsichtig." Und sie war richtig. Das Pretziener Wehr ist ein lebendiges Denkmal für Ingenieurskunst, für vorausschauendes Planen – und für gelebten Hochwasserschutz.
150 Jahre Pretziener Wehr – das heißt auch: 150 Jahre kluge Entscheidungen, 150 Jahre Sicherheit, 150 Jahre Vertrauen in Technik und Zusammenarbeit. "In diesem Sinne möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier vor Ort bedanken, die ein verlässlicher und geschätzter Partner für uns sind. Denn auch in Zukunft werden die Herausforderungen nicht kleiner – sei es durch den Klimawandel, veränderte Flussverläufe oder neue Anforderungen an unsere Infrastruktur."
Das Pretziener Wehr ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, was möglich ist, wenn Menschen vorausschauend denken, mutig handeln und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Es steht für technische Meisterleistung, für verlässlichen Hochwasserschutz – und zugleich für etwas, das in der heutigen Zeit mindestens genauso wichtig ist: für regionale Identität und Verbundenheit. Denn dieses Wehr ist nicht einfach nur ein Bauwerk. Es ist ein Symbol. Viele Menschen in der Stadt und darüber hinaus verbinden damit ein Gefühl der Sicherheit – aber auch Stolz. Wenn das Wehr gezogen wird, kommen jedes Mal hunderte Schaulustige. Sie wollen miterleben, wie die Tore sich öffnen, wie der Fluss kontrolliert seinen Weg nimmt. Es ist ein Schauspiel der besonderen Art – ein technisches Ritual, das Respekt einflößt und fasziniert.
Und genau das macht dieses Wehr zu einem touristischen Anziehungspunkt. Es liegt direkt am beliebten Elberadweg, einer der meistbefahrenen Radwanderrouten Europas. Jahr für Jahr passieren ihn unzählige Radreisende – und viele von ihnen machen am Pretziener Wehr einen Zwischenstopp. Sie verweilen, fotografieren, lesen die Informationstafeln – und entdecken dabei ganz nebenbei ein Stück ingenieurtechnische und kulturelle Geschichte. Damit diese Besucherinnen und Besucher sich willkommen fühlen, hat die Stadt Schönebeck unter anderem in die Sanierung und Neugestaltung des Fahrradrastplatzes oberhalb des Wehrs investiert. Hier finden Radfahrende heute nicht nur Schutz vor Wind und Wetter, sondern auch Ruhe, Orientierung und spannende Einblicke in das, was diesen Ort so besonders macht.
"Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle auch der Koordinationsstelle des Tourismusverbands Elbe-Börde-Heide, die gemeinsam mit der Stadt und weiteren Partnern dafür sorgt, dass Orte wie das Pretziener Wehr weit über die Region hinaus sichtbar werden." Touristische Vermarktung, Informationsangebote, überregionale Kooperationen – all das trägt dazu bei, dass aus einem technischen Denkmal auch ein erlebbarer Ort wird. Ein Ort, der Geschichten erzählt. Ein Ort, der bleibt.
"Ich wünsche mir – und ich bin überzeugt davon – dass das Pretziener Wehr auch in Zukunft eine wichtige Rolle für unsere Stadt und unsere Region spielen wird: als Schutzbauwerk, als Tourismusziel, als lebendiges Denkmal für den klugen Umgang mit Natur und Technik – und vielleicht bald auch als UNESCO-Weltkulturerbe."
