Geschichte

Vom Zschokkeverein über Volks-, Schul- und kirchliche Bibliotheken zur modernen Stadtbibliothek - ein kurzer Streifzug durch die Schönebecker Bibliotheksgeschichte


Die bescheidenen Anfänge vom 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts

Groß Salze/Bad Salzelmen
Von 1844 bis 1858 bestand in Magdeburg, dem Geburtsort des Schriftstellers Heinrich Zschokke, ein nach ihm benannter Leseverein. Aktivitäten dieses Vereins gab es in dieser Zeit auch in Groß Salze, dem heutigen Bad Salzelmen.


Der nächste Hinweis auf Bücherei-Aktivitäten war in der Schönebecker Zeitung vom 28. Dezember 1893 zu finden. Die örtliche Schuldeputation gab bekannt, dass von nun an auch Erwachsene die hiesige Schülerbibliothek nutzen dürften.


Im Jahre 1896 war dann schon von einer verbundenen Schüler- und Volksbibliothek die Rede, die den Zweck verfolgte "... auf billigem und bequemem Wege der Einwohnerschaft von Groß Salze gesunden und guten Lesestoff aus der deutschen Volksliteratur zu bieten ...".  Öffnungszeiten sonnabends 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Leihfrist höchstens zwei Wochen und Bedienung über eine Theke - das waren die Grundlagen der damaligen Bibliotheksarbeit.

Im Jahre 1897 gab es im Ort auch noch eine Bibliothek des evangelischen Jünglingsvereins, die über 150 Bücher verfügte und vom Kreis Calbe (Saale) unterstützt wurde.


Eine eigenständige Volksbücherei wurde erst am 12. Dezember 1916 in Groß Salze eröffnet. Diese wurde durch einen Lehrer verwaltet. Vieles wurde schon damals durchaus ähnlich gehandhabt wie heute.  So gab es ebenso eine Fördermittelpraxis und einen Großhandel für Bücher und Bibliotheksbedarf.

Frohse
In Frohse ist eine Bücherei, offenbar ebenfalls eine kombinierte Schul- und Volksbücherei, seit 1901 nachweisbar. Der Landkreis Calbe (Saale) und die Kirche trugen zur Unterhaltung bei, Pfarrer Bauernfeind verwaltete die Einrichtung. Später übernahmen verschiedene Lehrer diese Aufgabe und auch die Gemeinde gab schließlich Geld dazu.

Schönebeck
In der Stadt Schönebeck gab es den Quellen zufolge bis 1932, dem Jahr der Vereinigung mit Bad Salzelmen und Frohse, keine kommunale Bibliothek. Die Rede ist immer nur von einer Magistratsbücherei, die aber wohl nur für die Verwaltung bestimmte Fachliteratur beinhaltete. Private Leihbüchereien existierten dagegen durchaus, so die des Herrn Bromann in der Republikstraße.


Bibliotheken unter der nationalsozialistischen Herrschaft

Erst 1936 bekamen die Schönebecker eine Volksbibliothek in der heutigen Karl-Liebknecht-Grundschule. Diese war freitags von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöffnet.

Am 14. März 1942 wurde in den Räumen der späteren "Fischbratküche" Ecke Bahnhofstraße/Friedrichstraße eine "Musterbibliothek" eröffnet. Die damals sehr großzügige Summe von 20.000,- RM stand für die Einrichtung zur Verfügung. Derartige Volksbüchereien "neuen Stils" schossen in diesen Jahren wie Pilze aus dem Boden. Es ist offensichtlich, dass die Nationalsozialisten Propagandaziele verfolgten.

Nach dem Kriege mussten alle kommunalen, privaten und auch betrieblichen Bibliotheken zunächst schließen. Die Bestände wurden von Büchern befreit, die nationalsozialistisches, kriegsverherrlichendes oder inhumanes Gedankengut beinhalteten. Akten dazu mit Listen auszusondernder Literatur und eine Aufstellung der überprüften Büchereien finden sich im Stadtarchiv.


Umorientierung nach 1945. Die Schönebecker Bibliotheken während der DDR-Zeit

Die Schönebecker Bibliothek nahm ihren Betrieb am 18. Oktober 1945 wieder auf. Seit den frühen 1950er Jahren war sie dann in der Böttcherstraße 2 zu finden.

1953 weihte man auch eine separate Kinderbibliothek ein, die nach mehrmaligen Umzügen im damaligen "Haus der Pioniere" in der Bahnhofstraße ihr Domizil fand.


1955 wurde die Stadt- und Kreisbibliothek gegründet, die die Verantwortung über die Kinderbibliothek mit übernahm. Mehrere Zweigstellen wurden in den Schönebecker Stadtteilen eröffnet. Zeitweise gab es im Kreismuseum und im Kulturhaus in Felgeleben Standorte.

An mehreren Schulen wurden Ausleihstellen der Kinderbibliothek eröffnet. Der Kreisleihverkehr entwickelte sich, durch den auch die umliegenden Gemeinden im Kreisgebiet mit Literatur versorgt wurden. Während der Sommerzeit wurden auch Ausleihstellen im Naherholungsgebiet Plötzky/Pretzien geöffnet.

Neue Bücher wurden zentral eingekauft, ausleihfertig bearbeitet und den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Durch die Stadt- und Kreisbibliothek erfolgte auch eine fachliche Anleitung der Gemeindebibliothekare.


Erst um 1960 setzte sich in den Bibliotheken das System der Freihandausleihe durch. Bis dahin wurden die Bücher noch über eine Theke ausgeliehen. Nun konnte der Leser selbst an die Regale gehen und sich die gewünschte Literatur entnehmen, die dann vor dem Verlassen der Bibliothek als Ausleihe verbucht wurde. Kataloge in Zettelform, die er selbst nutzen durfte und die Beratung der Fachkräfte halfen dem Leser bei der Auswahl der Bücher. Sehr viel Wert wurde auf Öffentlichkeitsarbeit gelegt: es fanden zahlreiche Autorenlesungen, Bibliotheksführungen, literarisch-musikalische Veranstaltungen und vieles mehr statt.

Kontinuierlich wurden Mittel für die Unterhaltung der Bibliothek bereitgestellt. So konnten regelmäßig neue Medien erworben werden, auch Schallplatten und Zeitschriften hielten Einzug. Da die Bibliotheken bei der Belieferung mit Medien bevorzugt wurden, konnten die Bürger auch Literatur und Tonträger entleihen, die kaum käuflich zu erwerben waren. Eine wichtige Rolle spielte auch die Bereitstellung von Fachliteratur zur Aus- und Weiterbildung.


Ein großes Ereignis war im Jahre 1974 die Eröffnung der Bibliotheksräume in der damaligen Wilhelm-Pieck-Straße, später Am Stadtfeld.

Dort befindet sie sich noch heute. 

In der neu erbauten "Ladenzeile", die verschiedene Geschäfte, Dienstleistungseinrichtungen und ein Restaurant beherbergte, waren auch eigens für eine neue Bibliothek Räume eingerichtet worden.

8.000 neue Bücher, fast 900 Schallplatten und 85 verschiedene Zeitschriften standen anfangs in neuen Regalen zur Verfügung.

Zunächst war dieser Standort als Zweigstelle konzipiert worden, die Hauptstelle sollte weiter in der Böttcherstraße bleiben.

Später dachte man jedoch um und die Räume in der Ladenzeile wurden zur Hauptbibliothek umfunktioniert.


Die politische Wende 1989/1990. Die Bibliotheksarbeit bis zur Gegenwart

Nach den politischen Ereignissen von 1989/1990 standen auch die Schönebecker Bibliothekarinnen vor ganz neuen Herausforderungen. Die Kreisfunktion der Bibliothek fiel weg, sie wurde eine reine Einrichtung der Stadt. Sämtliche Bibliotheksbestände mussten kritisch durchgesehen und bereinigt werden. Es gab verstärkt Aussonderungen von Literatur, die politisch überholt war.

Die Zweigstellen mussten nach und nach geschlossen werden, so dass schließlich nur der Standort Am Stadtfeld übrig blieb. Durch das geschrumpfte Aufgabengebiet (Wegfall der Kreisfunktion, Schließung der Zweigstellen), verringerte sich auch die Zahl der Beschäftigten drastisch.

Nun flossen auch die Mittel für die Unterhaltung der Einrichtung nicht mehr so selbstverständlich, denn die Bibliothek war jetzt eine so genannte "freiwillige Aufgabe" innerhalb der kommunalen Selbstverwaltung.

Der Bestandsaufbau gestaltete sich schwierig, gab es doch plötzlich ein unüberschaubar großes Literaturangebot. Die Entwicklung der Stadt und der beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten waren nicht vorhersehbar und man versuchte so gut wie möglich auf die veränderten Anforderungen zu reagieren.

Nach und nach behauptete die Bibliothek ihren Platz innerhalb des städtischen Gefüges und wie überall hielt die Technik Einzug. Die elektronische Datenverarbeitung erleichterte viele Arbeitsbereiche und der Medienbestand konnte am Computer recherchiert werden. Seit 2004 erfolgt auch die Verbuchung der Medien über ein elektronisches Bibliotheksprogramm. Eine komplette Neumöblierung erfuhren die Bibliotheksräume im Jahr 2008, was den Gesamteindruck optisch sehr aufwertete. Helle freundliche Räume empfangen seitdem die Besucher.


Auch das Internet ist aus der modernen Bibliotheksarbeit nicht mehr wegzudenken. Neue Medienarten haben Einzug gehalten und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht.

Wie alle Bereiche des modernen Lebens sind auch die Bibliotheken einem ständigen Wandel unterworfen und stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. EBook und Co. haben Einzug gehalten, Social Media fordern heraus und es gilt auf verändertes Nutzerverhalten zu reagieren. Ungebrochen ist jedoch die Begeisterung der Kinder für bunte Bilder und spannende Geschichten. Die Lesefreude zu wecken, Lese- und Medienkompetenz zu stärken sind somit nach wie vor mit die wichtigsten Aufgaben in der Bibliotheksarbeit.


Die Bibliothek versteht sich aber auch als Dienstleister und ist ständig bestrebt, die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Im Rahmen eines durch den Deutschen Bibliotheksverband initiierten Projektes zur Schaffung eines Qualitätsmanagement-Verbundes in Sachsen-Anhalt, dessen Ziel die Zertifizierung von Bibliotheksangeboten zur Verbesserung der Dienstleistungsqualität ist, erhielt die Stadtbibliothek 2009 das QM-Gütesiegel  der Stufe I.

Durch die kontinuierliche Verbesserung der Servicequalität konnte im Juni 2011 auch das Zertifikat für die Stufe II überreicht werden.

Dieses Zertifikat gilt es nun alle drei Jahre aufs Neue durch die Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung im Dienste der Kunden zu verteidigen.


Stadtbibliothek erneut mit Qualitätssiegel

Erneut erhielt die Stadtbibliothek Schönebeck das Q-Siegel Stufe II. Sachsen-Anhalts Minister für Wissenschaft und Wirtschaft Hartmut Möllring überreichte auf dem Tourismustag Sachsen-Anhalt 2014 am 12. November in Halberstadt die beachtliche Auszeichnung. Entsprechend den Regularien der Initiative Service-Qualität gilt die Bibliothek als zertifiziert.

Nach einer 3-jährigen Phase der Stufe I und einer ebenfalls 3-jährigen Phase der Stufe II befindet sich damit die Stadtbibliothek bis 2017 in der Rezertifizierung der Stufe II. Damit befindet sich die Bibliothek im neunten Jahr der Durchführung des Qualitätsmanagements. Das Hauptaugenmerk des Teams der Stadtbibliothek liegt dabei auf der Verbesserung bestehender und der Entwicklung neuer Leistungen für die Kunden. Bestehende Standards müssen gesichert und interne Prozesse weiter optimiert werden. Die Bibliothek dankt an dieser Stelle allen Kundinnen und Kunden für ihre Kritiken und Meinungen und hofft, dass diese auch in Zukunft offen an das Haus Am Stadtfeld herantreten.