Höxter und Schönebeck: Eine Hochwassergeschichte

der Männergesangverein Schönebeck ein Rundschreiben an alle Sangesbrüder im Deutschen Reich mit der Bitte um schnelle Hilfe für die Hochwasseropfer. Davon inspiriert veranstalteten der Männergesangverein  Westfalia Höxter und der Männergesangverein Fürstenberg seinerzeit ein Benefizkonzert. Das brachte dann den Erlös von 34,65 Reichsmark - heute etwa 340,- Euro -  ein. Das Geld wurde damals an den Schönebecker  Männergesangverein geschickt.

Was war im Jahre 1876 geschehen? Nach dem anhaltend strengen Winter 1875/1876 mit ungewöhnlich starken Schneefällen folgt Mitte Februar ein völliger Umschwung der Witterung. Durch das schnelle Abtauen der Schnee- und Eismassen stieg im Zeitraum vom 16. bis 23. Februar 1876 der Wasserstand der Elbe um mehr als fünf Meter auf das Niveau von 49,77m über NN.  Dabei floss das Elbwasser in die Müllerstraße, das Elbtor, die Elbstraße und die Worth. Zur Katastrophe kam es dann, als das 1875 in Betrieb genommene Pretziener Wehr nur zu einen Drittel geöffnet weden konnte. Die meisten Schützentafeln und deren Ständer waren im Eis festgefroren. Dadurch staute sich das Wasser bis Schönebeck zurück. Als dann zwischen Glinde und Pömmelte fast gleichzeitg an drei Stellen der Elbdeich brach, ergossen sich gewaltige Wassermassen in die Region. Für Schönebeck  kam das Wasser über die Barbyer Straße und den Hohen Weg. Große Teile der Stadt wurden überflutet. Es stürzten 147 Häuser ein und weitere 981 Gebäude wurden beschädigt. Die Häuser standen bis zu anderthalb Metern unter Wasser und die Möbel schwammen durch die Stadt. Das Wasserwerk fiel aus und es gab kein Trinkwasser. Schönebecker Husaren und die Magdeburger Pioniere wurden zu Aufsichts- und Hilfsdiensten eingesetzt. Erst am 27. März floss das Wasser wieder ab. Der Gesamtschaden belief sich auf 1,1 Millionen Reichsmark. Jeder fünfte Einwohner wurde obdachlos - 525 Familien mit 1942 Personen.

Auch bei der großen Flut im Juni dieses Jahres war es dem Männergesangverein Westfalia Höxter eine moralische Verpflichtung zu helfen. Zudem angespornt durch zwei Sängersöhne, die hier in Schönebeck halfen und den Chor über die aktuelle Lage informierten, veranstalteten die stimmgewaltigen Herren in Höxter wieder mit dem Männergesangverein Fürstenberg ein Benefizkonzert zu Gunsten der Schönebecker Flutopfer. Dieses neuerliche Konzert brachte die stolze Summe von 1.500,- Euro ein, die dem Verein Soziokultur Schönebeck zur Verfügung gestellt wurde. Sogar im Fernsehen der dortigen Region wurde ein Beitrag über das Engagement und die Spendenfreudigkeit der Herren aus Höxter und Fürstenberg berichtet.

Übrigens gingen nach dem Hochwasser 1876 Spenden von über 500 Personen, Vereinen und Institutionen in Schönebeck mit einem Gesamtergebnis von 228.311,- Reichsmark ein. Das wären heute etwa 2,5 Millionen Euro! Die Spenden kamen nicht nur aus der Nähe. Es fanden sich großzügige Geber aus London und Newcastle, aus Straßburg, Neuchâtel, Clarens bei Montreux und Rotterdam, nicht zuletzt auch aus Stettin und Breslau.

Allen Helfern und Spendern von 2013 sei an dieser Stelle nochmals ein herzliches Danke gesagt!

Mathias Hille, Stadtarchiv