Luise Stanescu wurde 100: Der Preis der Schneeglöckchen

Oberbürgermeisterin Gisela Schröder, Dezernentin Reingard Stephan vom Salzlandkreis und Leiterin Annett Lazay vom Diakonieverein Burghof wurden Zeuginnen der munteren Mitteilsamkeit der 100-jährigen. Man erfuhr von ihrer Heimatstadt Ulm und dessen berühmten himmelhohen Münster, in dem sie getauft worden war. Man hörte von ihrem Papa, den sie als Kind im 1. Weltkrieg erstmals im Lazarett besuchen durfte und sie dort nachdenkliche und warme Eindrücke menschlicher Nähe mitnahm. Oder ganz anders von dem kulinarischen Onkel, der den feinsten Lebkuchen buk (heute heißt es backte) und ihr vielleicht auch das Marmorkuchen backen lernte. ?Das ist ganz einfach, das wollen manche gar nicht glauben.?  Und der ?Ulmer Spatz? wurde schließlich auch nicht vergessen. Den Kaiser hat sie zwar niemals gesehen, wie sie sich immer wünschte, dafür aber später plötzlich die ?Morgensonne, nachdem ich die ganze Nacht durchgelesen hatte?. Dann kam die schöne Geschichte mit den Schneeglöckchen, die sie als Kind für die Gärtnersfrau gegenüber an die Arbeiter verkaufen durfte, 10 Pfennig das Sträußchen. Ein paar Pfennige mal für sich selbst haben, wünschte sie sich einmal spontan und nahm kurzerhand einfach mal 12 Pfennig statt 10. Aber dann! Die gütige Rüge der Gärtnerin, den wenig verdienenden Arbeitern nicht noch mehr Geld abzuknöpfen, hat Luise Stanescu bis heute nicht vergessen, weckte Scham und erstmals so etwas wie soziales Gewissen in ihr. Eine Geschichte, wie so wohl heute kaum noch denkbar ist. So gewappnet, ging sie durchs Leben und zunächst nach Magdeburg zu den Großeltern und dann nach Schönebeck, wo sie die heutige Schneiderschule besuchte. Ihren späteren Mann hat sie aber in Elbing in Ostpreußen kennen gelernt und dann in Königsberg geheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor. Letztere heißt Christine und kann von der Frohnatur ihrer Mama sicher einiges berichten. Diese tat in ihrem Leben nicht nur etwas für ihren Kopf, sondern auch für die Fitness ? mit 80 fuhr sie noch munter Fahrrad. Und für die gute Seele ? ja, da musste sie nicht so viel tun. Die hat sie. Nun wissen wir, wie man ein hohes Alter erreichen kann. Und wie war das noch mit der Fahnenstange?