Pretziener Wehr ist nun Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland

 

P1350052_KopieDr. Hermann Onko Aeikens, Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, der die Grußworte gemeinsam mit Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer, sprach. Die Festansprache übernahm Jörg Herrmann, Präsident der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, und präsentierte dem interessierten Publikum die spannenden Fakten zum Bauwerk. Direkt am Wehr wurde während des Festakts die Ehrentafel enthüllt und im Anschluss fand ein Schauziehen des Wehrs statt. Der Männerchor Pretzien sorgt für die musikalische Umrahmung des Festes.


P1350097_KopieDas etwa 7 km nordöstlich von Schönebeck (Elbe) zwischen Pretzien und Ranies gelegene Wehr wurde zwischen 1869 und 1875 erbaut. Es war  damals das größte Schützenwehr Europas. Zusammen mit dem fast zeitgleich errichteten 21 Kilometer langen Elbe-Umflut-Kanal schützt es bei Hochwasser Magdeburg und zahlreiche weitere Gemeinden vor Überschwemmungen. Das Pretziener Wehr wird mit dem Titel Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland ausgezeichnet, weil es technisch und gestalterisch ein herausragendes Beispiel für die Ingenieurbaukunst des 19. Jahrhunderts ist, das bis heute seine Funktion beim Hochwasserschutz an der Elbe erfüllt.


P1350160_KopieDas Pretziener Wehr ist ein sog. Schütztafelwehr. Die Länge des Überbaus beträgt 163,48 m. Es hat eine Breite von 7,83 m und auf der Unterwasserseite eine Pfeilerhöhe von 7,95 m über dem Sturzbett. Das Wehr hat acht Pfeiler und zwei Widerlager, dazwischen neun Jochöffnungen mit einer Durchflussbreite von je 12,64 m. Das sogenannte Grieswerk eines Jochs besteht aus acht Losständern und zwei Griespfeilern, also neun Öffnungen. In jeder Öffnung werden vier Wehrtafeln eingesetzt, je Joch also 36 Stück. Die insgesamt 324 Schütztafeln wiegen jeweils 100 kg. Sie sind 1,31 m breit und 0,83 m hoch. Die Baukosten beliefen sich seinerzeit auf immerhin 4,4 Mio. Mark. Bekannt ist auch, dass am Bau des Wehres und des Elbe-Umflut-Kanal s ca. 3.000 Gefangene aus dem deutsch-französischen Krieg sowie norditalienische "Erdarbeiter" beteiligt waren. Nach dem verheerenden Hochwasser von 1876 wurde das Wehr bis 1883 erstmals umgebaut. Es erfüllt bis heute seine Aufgabe.

P1350130_KopieDer erste Entwurf für das Pretziener Wehr stammte von Hermann Wurffbain (1805-1889). Am Entwurf beteiligt war auch ein Ingenieur namens Rust, über den jedoch nichts Näheres bekannt ist. Hermann Wurffbain, der auch die Bauleitung innehatte, war ein sehr bedeutender Wasserbauingenieur des 19. Jahrhunderts. Über ihn ist bekannt, dass der preußische König Friedrich Wilhelm IV. ihn 1853 im Schloss Charlottenburg empfing, um sich aus erster Hand über seine kulturtechnischen Arbeiten in Westfalen informieren zu lassen. Für seine Verdienste erhielt er 1877 den königlich-preußischen Kronenorden II. Klasse, darüber hinaus wurde er auch zum Ehrenbürger der thüringischen Stadt Arnstadt ernannt. 2010 wurde das Pretziener Wehr grundhaft saniert. Die Kosten beliefen sich auf knapp 5 Millionen Euro. Ein Drittel der Wassermenge wird um Schönebeck und Magdeburg umgeleitet, wenn das Wehr gezogen wird. Seit der Erbauung wurde das Pretziener Wehr insgesamt 63 Mal geöffnet.