Interview mit dem Stadtwehrleiter,Ronald Mühlsiegel: Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 2009

Mit der Bildung der Einheitsgemeinde Schönebeck (Elbe) am 1. Januar 2009 gehören die bisherigen Freiwilligen Feuerwehren der ostelbischen Gemeinden und jetzigen Ortschaften Plötzky, Pretzien und Ranies  nunmehr zur Stadt Schönebeck (Elbe). Außerdem gab es Neubeschaffungen. Sicher ein weiterer Fortschritt?

 

Einsatzbereit 24 Stunden am Tag und das 365 Tage im Jahr ? das ist die Freiwillige Feuerwehr der Stadt, bestehend nun aus den 8 Stadtteil- und Ortsfeuerwehren. Wir haben uns auch 2009 erneut vielen Aufgaben stellen müssen. Dabei haben wir es nicht nur geschafft, sämtliche Einsätze erfolgreich abzuarbeiten und unseren Mitbürgern zu helfen, es ist uns auch gelungen, die politischen Gremien von der Notwendigkeit der Neubeschaffung eines Mannschaftstransportwagen und eines Gerätewagen Logistik zu überzeugen und die Beschaffung in die Wege zu leiten. Beide Fahrzeuge konnten am 07.04.2010 durch den Oberbürgermeister in Dienst gestellt werden und sind ein wichtiger Schritt, um unsere Einsatzbereitschaft in den kommenden Jahren zu sichern. Dafür unser Dank an den Rat und die Verwaltung.

Nicht nur die Technik, sondern auch die Menschen, welche diese Technik bedienen, müssen auf einem aktuellen Stand gehalten und motiviert werden. Wie beurteilen Sie hier die Situation? 

Bei allen Bemühungen, eine Feuerwehr möglichst wirtschaftlich zu führen, darf aber nicht vergessen werden, dass eine gute Ausstattung die Motivation schlechthin für die Freiwillige Feuerwehr ist.  Daher ist jede Erneuerung eine wertvolle Investition und Motivationsschub zugunsten einer leistungsfähigen, kostengünstigen Feuerwehr. In diesem Sinne erwarten die Kameradinnen und Kameraden der Stadtteilfeuerwehr Schönebeck den Tag der In-Dienst-Stellung des neuen Gerätehauses. Auch für die Kameradinnen und Kameraden der Ortsfeuerwehr Ranies werden zurzeit Verbesserungen der räumlichen Bedingungen durch den Umbau einer ehemaligen Gaststätte zu einem Gerätehaus geschaffen.

Kommen wir zu einigen statistischen Angaben des Jahres 2009. Wie stellt sich diese in der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Schönebeck (Elbe) dar?

Der Gesamtpersonalbestand der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Schönebeck beträgt per 31.12.2009   329 Mitglieder, welche sich in folgende Abteilungen gliedern: 211 Mitglieder im aktiven Einsatzdienst - davon 21 weibliche Mitglieder- , 55 Mitglieder in der Alters- und Ehrenabteilung sowie 73 Mitglieder in der Jugendfeuerwehr. An Fahrzeugen ist folgender Bestand vorhanden: 12 Löschfahrzeuge, 1 Drehleiter,1 Rüstwagen, 1 Gerätewagen Gefahrgut, 1 Einsatzleitwagen, 1 Mannschaftstransportwagen. Zur freien Nutzung durch die Feuerwehr hat der Katastrophenschutz des Landkreises einen Schlauchwagen und einen ABC-Erkundungswagen eingestellt. Diese Fahrzeuge sind Eigentum des Bundes und müssen als Gegenleistung bei Katastrophenschutzeinsätzen mit ausgebildetem Personal der Feuerwehr Schönebeck zum Einsatz gebracht werden. Wie bereits erwähnt mussten wir uns 2009 bei zahlreichen Einsätzen bewähren. 334 Einsätze unterbrachen unsere Nachtruhe, riefen uns vom Arbeitsplatz weg oder durchkreuzten so manchen privaten Plan. Wichtig ist, dass wir 334 Mal Hilfe leisten und nach klaren Vorgaben zielorientiert diese Einsatzaufträge erfüllen konnten.

Die Anzahl der Einsätze setzt sich wie folgt zusammen: 123 Brandeinsätze, 93 Technische Hilfeleistungen sowie 109 sonstige Einsätze, davon 38 Fehlauslösungen von Brandmelde-anlagen. Es wurden 42 Personen gerettet oder aus Notlagen befreit. 5 Kameraden verletzten sich bei Tätigkeiten im Einsatzdienst. Die Gesamteinsatzzeit beträgt im Jahr 2009   3172 Stunden und 21 Minuten.

Konnte das im Brand- und Katastrophenschutzgesetz des Landes Sachsen?Anhalt geforderte Schutzziel, ab dem Melden einer Gefahr innerhalb von 12 Minuten am Einsatzort einzutreffen, eingehalten werden?

Dieses Schutzziel  kann nur durch den Erhalt aller vorhandenen Feuerwehrstandorte eingehalten werden. Kritisch zu betrachten ist die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft an normalen Wochentagen in der Zeit von 6 bis 18 Uhr. Im Einsatzfall stehen uns nur ca. 20 % des Gesamtpersonals zur Verfügung und das auch nur  bei einer Alarmierung aller Stadtteil- und Ortsfeuerwehren. Vor 2 Jahren war es noch 1/3 des Gesamtpersonals.

Wie beurteilen Sie den Personal- und den Fahrzeugbestand in den Wehren?

Das Personal und der Fahrzeugbestand aller Stadtteil- und Ortsfeuerwehren bildet gemeinsam die Ausstattung einer Schwerpunktfeuerwehr und sollte auch so erhalten bleiben. Die besondere Situation des Stadt Schönebeck als Industriestandort und Verkehrsknotenpunkt sowie als Kurort und Naherholungszentrum verlangt nach entsprechendem Spezialwissen und modernster Ausrüstung, um selbst bei großen Schadenereignissen angemessen reagieren zu können. Die Zeiten, in denen eine Feuerwehr nur zu löschen hatte, sind lange vorbei. Die Masse der Feuerwehreinsätze liegt heute im technischen Bereich.

Könnten Sie uns an Hand der Grundtätigkeiten und der Spezialisierung die heutigen Aufgaben einer Feuerwehr erläutern?

Zu den Grundtätigkeiten, welche jede Stadtteil- und Ortsfeuerwehr können muss, gehören folgende Aufgaben: die Brandbekämpfung,  die einfache Technische Hilfeleistung,  die Beseitigung von einfachen Unwetterschäden und Wasserschäden,  die Hochwasserabwehr  sowie die Beseitigung von Ölspuren. Durch die Spezialisierung können folgende Aufgaben gelöst werden: Technische Hilfeleistung bei PKW-Unfällen durch die Feuerwehren Schönebeck, Bad Salzelmen und Pretzien; schwere Technische Hilfeleistung bei LKW-Unfällen durch die Feuerwehr Bad Salzelmen; Ölschadensbekämpfung und die Beseitigung schwerer Wasserschäden durch die Feuerwehr Felgeleben; Wasserrettung, Türöffnung sowie Höhenrettung mit der DLK durch die Feuerwehr Schönebeck; das Messen mit der Wärmebildkamera sowie Hilfe im Führungsdienst mit dem ELW durch die Feuerwehr Bad Salzelmen und die Wasserversorgung über lange Wegstrecken bis 2,5 km durch die Feuerwehren Elbenau und Plötzky. Eine besondere Art der Spezialisierung sind des Weiteren die Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei ABC-Einsätzen. In diesem Fall ist die Ausbildung in 3 Spezialisierungsbereiche unterteilt, welche gemeinsam die Gefahrguteinheit bilden: Erstens der Bereich des ABC-Messen  durch die Feuerwehren Bad Salzelmen und Elbenau, zweitens der Bereich des ABC-Einsatz  durch die Feuerwehren Schönebeck, Pretzien und Ranies sowie drittens der Bereich des ABC-Dekontaminierung durch die Feuerwehren Felgeleben und Frohse. Die Ausbildung der einzelnen Spezialisierungen ist sehr zeitintensiv und findet fast immer an Wochenenden statt.  Durch die konzentrierte Spezialisierung der einzelnen Feuerwehren kann auch eine überflüssige Doppelbeschaffung vermieden werden. Im vergangenen Jahr wurden übrigens von den einzelnen Kameradinnen und Kameraden im Durchschnitt 125 Übungs- und Ausbildungsstunden geleistet, insgesamt ca. 26300 Stunden!

Ein weites Betätigungsfeld der Feuerwehr ist die intensive Arbeit in der Jugendfeuerwehr. Wie bewerten Sie die Nachwuchsarbeit in den Feuerwehren?

Es ist nicht immer einfach, Kinder und Jugendliche für eine Mitarbeit in der Jugendfeuerwehr zu begeistern. Die Jugendwarte leisten hier eine unbezahlbare freiwillige Arbeit mit der Nachwuchsgewinnung für die Feuerwehren. In den Feuerwehren der Stadt gibt es 7 Jugendfeuerwehrgruppen mit insgesamt 73 Mitgliedern. In den aktiven Dienst wurden im Jahr 2009  8 Jugendliche übernommen. In der kalten Jahreszeit findet die theoretische Ausbildung zu den verschiedensten Themen  in den Schulungsräumen der Gerätehäuser statt. Die Sommermonate stehen im Zeichen der praktischen Ausbildung. Das im Winter erlernte kann dann bei Trocken- und Nassübungen in die Praxis umgesetzt werden. Aber auch Spiel-, Sport- und Spaßveranstaltungen kommen bei der Jugendarbeit nicht zu kurz. 2009 erfolgte wie jedes Jahr der Orientierungslauf und der Löschangriff NASS. Das schon zur Tradition gewordene Pfingstzeltlager wurde in Güntersberge durchgeführt. An den Mitteldeutschen Meisterschaften im Löschangriff der Jugendfeuerwehren nahm unter Leitung der Stadtteilfeuerwehr Frohse eine gemischte Mannschaft der Jugendfeuerwehr der Stadt SBK teil. Sie erreichte den 2. Platz. Beim Landesausscheid der Jugendfeuerwehren in Wernigerode erreichte die Jugendfeuerwehr  Felgeleben einen beachtlichen 5 Platz.