Glückwünsche zum Schönebecker Marktplatz

dieser beispielgebenden Baumaßnahme: erstmals wurde in Sachsen-Anhalt eine öffentliche Verkehrsfläche nach der in einigen europäischen Ländern schon gut ausprobierten "Shared- Space- Planungsphilosophie" realisiert. Der Planungsansatz des Shared Space (von allen geteilter Raum) bedeutet, dass sich alle Verkehrsteilnehmer, d.h. Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer und weitere den Straßenraum gleichrangig teilen.

Es gilt vor allem eine Regel: die gegenseitige Rücksichtnahme. Innerhalb dieses Bereiches gibt es keinerlei Verkehrsschilder, Barrieren wie Stufen oder Kanten sind ohnehin überhaupt nicht vorgesehen. Alles ist von einem kultivierten Miteinander geprägt. Und es funktioniert! So mancher kritische Zeitgenosse hat sich in den Tagen seit der Inbetriebnahme davon bereits selbst ein Bild machen können: die Autos fahren Schrittgeschwindigkeit und lassen den Fußgängern ganz natürlich den Vortritt, die Radler bewegen sich recht rücksichtsvoll mit zurückhaltender Geschwindigkeit über den Platz, die Fußgänger nutzen den Verkehrsraum auch mit Kinderwagen und Opa im Rollstuhl auf der gesamten Fläche. Sicher tragen auch die Sitzgelegenheiten, die murmelnden Wasserspiele sowie die Bäume das ihre zu einem echten Wohlgefühl bei.

Alles wirkt sehr einladend. Ganz sicher werden sich die hier und da anzutreffenden Leerstände in den Ladenlokalen bald wieder mit Leben füllen. Für neue Gastronomie ist die Vorleistung der couragierten Stadtverwaltung eine hervorragende Grundlage. Mit Elbpromenade und Salzblume, dem stimmungsvollen Stadtplatz am Elbtor, der Weltrad Manufactur, Restaurant und Quartier, dem neuen Park auf der Salineinsel, dem versteckten japanischen Garten am Industriemuseum und vielen anderem - wahrlich eine Wiedergeburt der Mitte. Schönebeck hat einen deutlichen Sprung gemacht.

Chapeau, möchte man den Stadtplanern von Schönebeck zurufen. Hut ab für all das und den neuen Marktplatz!

Die Umgestaltung des Platzes war möglich geworden unter Einsatz von Finanzmitteln der Städtebauförderung. Hierfür gilt es Respekt auszusprechen für die Weitsicht und den Mut auch der beteiligten staatlichen Stellen. Respekt gilt auch der Straßenverkehrsbehörde, die offensichtlich (und das im Gegensatz zu anderswo) über den eigenen Schatten gesprungen ist und ein Verkehrszeichen und eine Regelung zugelassen hat, die es so nach bisheriger (wenig innovationsfreundlicher) Straßenverkehrsordnung noch gar nicht gibt:
Shared Space.

Bleibt zu wünschen, dass die Schönebecker und die Menschen aus der Region dieses Experiment des entspannten Miteinanders mitgehen und dieser hierzulande (bisher) einmaligen Verkehrsregelung zu einem Dauer-Erfolg verhelfen und dieses gute Beispiel auch andernorts im Lande Schule macht. Bleibt zu fordern, dass endlich auch bei uns in Deutschland die in Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz in das Straßenverkehrsrecht eingeführte und mit Erfolg in vielen Verkehrs- und Stadträumen realisierte Regelung bei der nächsten Gesetzes-Novelle in die Straßenver­kehrsordnung aufgenommen wird.

Auf, auf, fahren wir nach Schönebeck und schauen uns an, wie das geht:

Tim Schneider
Stadt- und Verkehrsplaner Sprecher für Sachsen-Anhalt der Regionalgruppe der SRL