AG "Rad": Mehr Aufmerksamkeit dem Fahrrad!

Fest steht: Länder, in denen das Fahrrad einen hohen Stellenwert einnimmt wie die Niederlande, genießen auch bezüglich der allgemeinen Prosperität ein hohes Ansehen und gehören zu den zivilisatorisch am weitesten entwickelten Staaten der Welt. Kurzum - sie stehen an der Spitze. Dies gilt ebenso für das Städteranking innerhalb Deutschlands. Fahrradstädte wie Freiburg im Breisgau oder Münster gelten längst als Vorbilder für moderne Stadtentwicklung, andere werden nicht selten als abgasstinkende Moloche wahrgenommen. In manchen ostdeutschen Städten scheint immer noch die kindliche Begeisterung für das chromblitzende "Westauto" aus Zeiten der Wiedervereinigung nachzuwirken - die Stadtkerne sind mit Automobilen zugestopft.

Aber auch hierzulande erkennen immer mehr Kommunen den Stellenwert alternativer Verkehrsmittel  und "konzepte in Innenstädten. Das Auto soll und kann keinesfalls vollends verdrängt, aber zumindest sinnvoll ergänzt werden. Verkehrsräume werden multifunktioneller gestaltet, nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer geraten in den Fokus der Betrachtung. Das Ganze berührt Fragen des Umweltschutzes, der Verkehrsberuhigung, gesunder Lebensbedingungen, flexibler Mobilität, aber auch baulich-ästhetischer Stadtgestaltung. Die Stadt Schönebeck (Elbe) hat diese Gesamtentwicklung erkannt.

Nicht zuletzt die Vorreiterrolle der Stadt beim Aufgreifen der Planungsphilosophie "shared space" bei der vorgesehenen Neugestaltung des Marktplatzes demonstriert den Anspruch der Stadtplaner, Verkehrsteilnehmer und Verkehrsräume optional freier und integrativer zu betrachten und konventionelle Ordnungsprinzipien etwa zugunsten des Automobils örtlich gezielt zurückzustellen.

Auch der Elberadweg und in Schönebeck sein alternativer Teil auf der westelbischen Stadtuferseite gewinnen zunehmend an Bedeutung. Neue Gastronomie siedelt sich an und mit dem jetzt beginnenden Bau der Salinebrücke wird der "grüne" Elberadweg bald straßenfrei über die Salineinsel bis zum Elbdeich und demnächst dann auch Richtung steinzeitlicher Kreisgrabenanlage geführt.

Die zentrale Diskussion zum Thema Radverkehr in Schönebeck wird indessen jedoch in der dafür von der Stadt eingerichteten Arbeitsgruppe "Rad" geführt. So werden engagierte Bürger und deren Initiativen, die sich für den Radverkehr stark machen wie etwa Dr. Thoralf Winkler aus Elbenau, seit Längerem aktiv in diesen konstruktiven, wenn auch manchmal naturgegeben kontroversen Diskussionsprozess einbezogen. Die Stadt ist solchen Hinweisen aus der Bevölkerung sehr dankbar, wenn ihnen auch nicht immer und sofort entsprochen werden kann. Wie bereits in den Medien berichtet, fand im Frühjahr bereits die 6. Beratung der Arbeitsgruppe ?Rad? der Stadt Schönebeck (Elbe) statt. Teilnehmer sind neben Bürgern auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub als Interessenvertreter, der Salzlandkreis, der Landesbetrieb Bau, die Polizei und verschiedene Ressorts der Stadtverwaltung. Hier kommen alle Probleme regelmäßig auf den Tisch und werden zahlreiche Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Einige ausgewählte Beispiele können die große Komplexität der Tagesordnung hier nicht widerspiegeln, sollen jedoch einen Eindruck vermitteln:

Ausführlich diskutiert wurde etwa die irritierende Beschilderung für Linksabbieger an der Einmündung Böttcherstraße/Gorkistraße nach der Einführung einer gegenläufigen Radverkehrsspur in der Gorkistraße, die bisher gut angenommen wird. Das Schild war geeignet, eine mögliche Benutzung des Streifens in beide Richtungen zu suggerieren. Diese Kritik wurde vor Ort geprüft und das entsprechende Piktogramm wird entfernt. Alle Verkehrsteilnehmer von der Böttcherstraße kommend, also auch Radfahrer, haben sich wie vorgeschrieben und üblich rechts einzuordnen. Zusätzlich wird in der Gorkistraße auf der Radspur Richtung Böttcherstraße ein weißer Pfeil aufgebracht, um anzuzeigen, dass von dort Fahrradverkehr "aus der Gegenrichtung" zu erwarten ist. Die Sperrlinien bleiben - der Radfahrer muss also aus Sicherheitsgründen an dieser Mündung aus der Gorkistraße kommend einige Meter zuvor absteigen.

Ein anderes Thema war der sich immer wieder in der Diskussion befindliche ?Radverkehr? in der Salzer Straße/Salztor. Hier wird die Situation der sich ändernden Verkehrsströme nach der Fertigstellung der neuen Elbbrücke und vor allem der neuen Anbindungsstraße neu betrachtet werden müssen. Dann werden auch neue Radverkehrslösungen untersucht.

Ausführlich besprochen wurde u. a. auch die komplizierte Situation des Verkehrsknotens Bahnhofstraße/Bahnbrückental mit Blick auf den Radverkehr nach Fertigstellung der Bauarbeiten. So wird der Gehweg in der Bahnhofstraße auf der Bahnhofseite mit ?Radfahrer frei? beschildert werden. Die gesamte Bahnhofstraße wird für Radfahrer im Zweirichtungsverkehr befahrbar sein. Es werden Möglichkeiten geprüft, ob gegebenenfalls eine eigene Ampelschaltung für aus der Bahnhofstraße kommende, links abbiegende Fahrradfahrer eingerichtet werden kann, was sich allerdings als schwierig erweisen kann. Weiterhin wurden in der AG "Rad" verschiedene Fragen von Beschilderungen, Infotafeln und Radwegweisern diskutiert. Dr. Winkler hatte zudem auch Fragen des Radverkehrs in den ostelbischen Gebieten in die Sitzung eingebracht, etwa die Verbesserung der Radwegeanbindung am Ortseingang Plötzky oder die Radwegführung im Bereich Alte Fähre. Die Frage nach fehlenden Auf- und Abfahrten zur neuen Elbebrücke musste seitens des Landesbetriebs Bau zurückgewiesen werden. Diese Brücke sei nicht für Fußgänger und Radfahrer konzipiert. Das Bundesverkehrsministerium hat die Anordnung eines Radweges auf der Brücke - wie auch an der gesamten Ortsumgehung - untersagt. Dies wurde im Planfeststellungsverfahren so dargestellt und genehmigt. Ob ein ausgesprochenes Durchfahrtsverbot für Fahrräder ausgeschildert wird, soll mit dem Verkehrsamt nach der Verkehrsfreigabe der Brücke entschieden werden. Soviel zunächst zur AG-Rad-Arbeit.