Deutschlandfunk: Laura Dahlmeier nimmt Schönebecker Munition

Munition nicht haben, das wäre für die Biathleten fatal. Haben doch die Schieß-Scheiben für Biathleten gerademal einen Durchmesser von 4,5 Zentimetern, erzählt Christoph Tolonitz. Zusammen mit mehreren Mitarbeitern steht er im Munitions-Testlabor. Dort ist es mächtig kalt, der Atem kondensiert, denn die Patronen werden in einer Kältekammer getestet. Damit werden die realen Wintersport-Bedingungen simuliert, denn die Patronen müssen kälteunempfindlich sein. "Wir können hier auch im Hochsommer arktische Bedingungen simulieren. Arktische Bedingungen heißt im IBU-Regelwerk, dass ein Wettkampf bis maximal minus 20 Grad stattfinden darf. Und diese Temperaturen können wir auch im Sommer - bei 30, 35 Grad, wie sie in Mitteldeutschland vorkommen - auch simulieren. So können wir optimal für den Winter testen." Christoph Tolonitz war 2007 Mannschafts-Europameister im Kleinkaliber-Gewehr, jetzt leitet er den Sportservice beim Schönebecker Unternehmen. "Die Kältekammer ist zwei mal zwei Meter groß. Da können wir die Waffe, die Munition herunterkühlen. Und der Trainer und Athlet kann draußen am Computer sehen, welche Munition am besten funktioniert." Die deutsche Arnd Peiffer, die Slowakin Anastasya Kuzmina, Medaillengewinner der Olymischen Spiele im südkoreanischen Pyeongchang, sie alles schießen mit Patronen aus dem kleinen Schönebecker Unternehmen. Auch die zweifache Olympiasiegerin Laura Dahlmeier, erzählt Tolonitz. Seine Augen strahlen. Im Sommer waren sie alle in Sachsen-Anhalt, um ihre Munition zu testen, erzählt Tolonitz noch. Bei den letzten Olympischen Spielen im russischen Sotschi wurden 32 von 33 Medaillen mit der Munition Marke Polar Biathlon geschossen. Made in Schönebeck. "Wer genau damit schießt, ist ein Firmengeheimnis. Aber wir führen interne Statistiken, damit wir auch wissen, wer mit unserer Munition Medaillen gewonnen hat. Um auch die Trainer dann mal anzurufen, um zu sagen, schön dass es so geklappt hat." 100 Mitarbeiter arbeiten bei Lapua im Dreischichtbetrieb. Das Geschäft läuft gut, heißt es. Derzeit baue man die Produktionskapazitäten aus und mache jährlich mehr als zehn Millionen Euro Umsatz. Konkrete Zahlen zum Geschäftsfeld will man ansonsten nicht nennen. Nur so viel: Pro Jahr verlassen rund 200 bis 250 Millionen Patronen das Werk, das in einem schmucklosen Industriegebiet am Rande von Schönebeck, 15 Kilometer südlich von Magdeburg, liegt. Gegründet wurde das Unternehmen 1829. von zwei Unternehmern: Heute die älteste Munitionsfabrik Deutschlands, zu DDR-Zeiten hieß es VEB Sprengstoffwerk. Neben der Produktion von Patronen für Sportschützen, lieferte man bis 1989 auch Munition für militärische und jagdliche Zwecke. Doch seit dem Mauerfall ist damit Schluss, seitdem produziert man nur noch Kleinkaliber-Patronen für Sportschützen.Zu allererst werden die Hülsen der Patronen mit einer Tiefziehmaschine aus einem Stückchen Blech rausgepresst. In einem extra gesicherten Raum - in denen Betriebsfremde lediglich durch ein Panzerglas schauen dürfen - wird die Zündung in die Patrone eingesetzt, erläutert Jörg Melcher. Er ist der Marketingchef, seit 23 Jahren bei Lapua in Schönebeck. "Wir arbeiten nach dem Eley-Prime-Verfahren. Es wird ein gelbes Pulver in die Hülse eingestreut, dann wird das gelbe Pulver an den Rand gedrückt. Daher heißt die Patrone auch Randfeuerpatrone. Weil die Zündung im Rand stattfindet." An den Wänden der Werkshallen hängen diverse Autogrammkarten. Von Uschi Disl, Kati Wilhelm, Magdalena Neuner, Laura Dahlmeier, auch von der norwegischen Ski-Legende Ole Einar Björndalen, der die diesjährigen Olympischen Spiele verpasst hat. Allesamt Top-Athleten, die auf die Munition aus Schönebeck setzen und damit Goldmedaillen gewonnen haben. Und gewinnen werden, ergänzt noch verschmitzt Marketing-Chef Jörg Melcher. "Wir, alle Mitarbeiter sind sehr stolz darauf. Gerade, weil wir wissen, dass es über 80 Prozent der Medaillen sind, die mit unserer Munition errungen werden." Im Pausenraum hat man während Olympia einen Fernseher aufgestellt. Damit die Angestellten mitfiebern können. Und wenn dann in Südkorea dieser Tage die Schüsse bei den Biathlon-Wettbewerben knallten, dann knallte es auch in Schönebeck. Keine Schüsse, sondern die Sekt-Korken.