Europagespräch im Stadtwerkehaus: Mehr Kritik als Lob
Europaminister Rainer Robra, Patrick Lobis von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland sowie das Stadtoberhaupt. Moderator war Dr. Tino Grosche aus Magdeburg. In einem vorbereiteten Stuhlkreis entwickelte sich eine muntere Diskussion, die aufzeigte, wie schwierig das Verhältnis mancher Bürger zur Europäischen Union noch ist. Kritisiert wurde unter anderem die Sanktionspolitik gegenüber Russland, welche auf manche Unternehmen in Deutschland, etwa in der Landwirtschaft, zurückschlage. Andererseits wurde deutlich, dass die EU zum Vorgehen Russlands auf der Krim nicht schweigen konnte, gerade auch mit Blick auf die baltischen Staaten. Die Außen- und Verteidigungspolitik der EU betrachtet mancher überhaupt mit Sorge, wird etwa die Kommunikation mit Russland auch „nach Merkel“ mit gleicher Intensität fortgesetzt? Kritisiert wurde ebenfalls die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die allerdings unabhängig von der EU agiert. Minister Robra relativierte diese Kritik aus Sicht der Landesregierung. Bezüglich der Verschuldung seien für verschiedene Länder unterschiedliche Maßstäbe angesetzt worden, wurde seitens der Bürger weiterhin deutlich. Oberbürgermeister Knoblauch zeigte sich dankbar für europäische Zuwendungen von Fördermitteln für Vorhaben wie etwa die Sanierung der Kollwitz-Grundschule, kritisierte aber auch die komplizierten und manchmal an falscher Stelle restriktiven Förderbedingungen, etwa der Programme EFRE und ELER. Überhaupt war die offenbar zu große Bürokratie ein Kritikpunkt von Bürgern. Bemängelt wurde zudem das zu lasche Vorgehen gegen Steueroasen nicht nur in Übersee, sondern innerhalb Europas selbst. Sowohl Robra als auch Lobis zeigten Verständnis für viele der Kritikpunkte, die EU sei sich der Defizite durchaus bewusst und arbeite an ihrer Beseitigung. Hinterfragt wurde auch das Verhältnis der Macht zwischen europäischem Parlament und der Kommission. Insgesamt würde das Thema EU und Europa seitens Brüssel und Straßburg schlecht oder zu wenig in den Mitgliedsstaaten kommuniziert. Hier bestehe eiun echtes Defizit, welches Patrick Lobis zumindest bestätigte. Keine Zeit blieb für die Diskussion über die langfristige Frage der Bildung einer „europäischen Regierung“, die vom Oberbürgermeister aufgeworfen wurde. Ein damit zusammenhängendes „Europa der Regionen“, welches die Bedeutung der Nationalstaaten deutlich schmälern würde, war in jüngster Zeit immer wieder Teil des öffentlichen Diskurses. Die gewisse Sorge mancher Bürger über den offenen Ausgang der Europawahlen beantworteten die Referenten schließlich mit einem Appell, sich als Bürger an der Wahl zu beteiligen. Schönebeck indessen pflegt europäische Kontakte über seinen Städtepartnerschaftsverein, hat zum Beispiel freundschaftliche Beziehungen zum litauischen Trakai aufgebaut.