"Wollen Sie Recht haben oder eine Lösung?"

Schönebecker Schiedsmann Hans-Joachim Pohland feiert 30-jähriges Jubiläum im Ehrenamt

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Gerechtigkeitssinn, soziale Kompetenz, Intuition oder Standfestigkeit im Vertreten der eigenen Meinung – die Befähigungskriterien an den Vorsitzenden einer Schiedsstelle sind breit gefächert und verlangen ein hohes Maß an Verantwortung. „Man muss die Ruhe bewahren, darf sich nicht provozieren lassen, muss sich aber durchsetzen können“, beschreibt Hans-Joachim Pohland aus der Schiedsstelle der Stadt Schönebeck (Elbe), der inzwischen seit 30 Jahren in diesem Ehrenamt aktiv ist. Zu diesem Jubiläum gratulierten Oberbürgermeister Bert Knoblauch, Amtsgerichts-Direktorin Sigrun Lehmann und Dieter Lattke, Vorsitzender der Bezirksvereinigung Magdeburg vom Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen. „Die Zusammenarbeit war mustergültig und ist immer gut gelaufen“, bedankte sich Lattke.

Pohland beschreibt seine Intention, sich Anfang der 1990er Jahre für das Ehrenamt entschieden zu haben, so: „Ich wollte für Frieden unter den Nachbarn sorgen.“ Damals wollte man die Gerichte entlasten, doch es waren nicht genügend Schiedsstellen besetzbar. Da wurde in der Verwaltung nachgefragt, wo der 66-Jährige arbeitete. „Eigentlich wollte ich nur der Stellvertreter sein“, berichtet er schmunzelnd. Am Ende hatte der ausgebildete Tiefbauer zwischenzeitlich sogar den Vorsitz der Landes- und Bezirksvereinigung übernommen.

In den vergangenen Jahren seiner ehrenamtlichen Tätigkeit hat er immer wieder versucht, die Konflikte im persönlichen Gespräch zu lösen. „Zuhören ist ganz wichtig, aber man muss die Distanz bewahren, muss beide Seiten sehen.“ Eine Einigung könne mehrere Tage in Anspruch nehmen. „Wenn es knifflig ist und die Standpunkte relativ festgefahren scheinen, frage ich oftmals: ‚Wollen Sie Recht haben oder eine Lösung?‘, denn ohne Kompromissbereitschaft lassen sich Dinge nur schwierig lösen.“

Eine Geschichte ist ihm in besonderer Erinnerung geblieben. Zwei Nachbarn hatten sich an die Schiedsstelle gewandt, es ging um Grenzstreitigkeiten. Also vereinbarte Pohland einen Vor-Ort-Termin, um sich die Gegebenheiten auf beiden Seiten des Zauns anzuschauen. „Als ich mich umgedreht habe, sagte einer der Beiden: „Sie haben ja einen Hund.“ „Ja“, erklärte Pohland, „ich will gleich im Anschluss an unseren Termin mit ihm Gassi gehen.“ „Ich hatte auch einen“, erklärte einer der beiden Nachbarn sichtlich bedrückt. „Was ist passiert?“, fragte Pohland. Daraufhin antwortete der zweite Nachbar: „Der Hund ist gestorben, vermutlich vergiftet worden. Er ist der Meinung, dass ich daran Schuld habe.“

Pohland reagierte besonnen – wie so oft. „Ich fragte die Frau des einen Nachbarn, ob sie uns Kaffee kochen könnte und die Frau des anderen Nachbarn, ob sie uns Kekse bringen würde. Dann haben wir uns an Ort und Stelle hingesetzt und geredet.“ Es stellte sich heraus, dass der Nachbar auf den Hund aufpassen sollte, während „ich im Urlaub war“, berichtete Nachbar Nummer zwei unter Tränen. In dieser Zeit ist der Hund gestorben. Wie ein Tierarzt feststellte, vermutlich vergiftet. „Das konnte viele Gründe haben“, sagte Pohland, „er könnte auch giftige Pflanzen gefressen haben oder jemand anderes hat etwas über den Zaun geworfen“. Am Ende führte das klärende Gespräch dazu, dass sich beide Männer, die sich vorher gut verstanden hatten, umarmt haben und die Freundschaft wiederhergestellt war. Am Wochenende waren sie dann gemeinsam Biertrinken gegangen.

So friedlich gehen die Nachbarn nicht immer auseinander, weiß Pohland. „Ein älteres Ehepaar beschwerte sich, dass die Wurzeln aus dem Nachbarsgarten zu ihnen hinüberwuchsen, aber es gab keine Kompromissbereitschaft. Nach zwei Jahren habe ich sie dann an ein Gericht verwiesen.“ Doch zum größten Teil, betont der Schiedsmann, „habe ich eine Einigung zwischen den Parteien erzielen und Frieden unter den Nachbarn erreichen können“.