Neuer "Hingucker" am Marktplatz

Schaufenstergestaltung am Tübke-Geburtshaus

Die Gestaltung des Schaufensters am Geburtshaus des Schönebecker Malers Werner Tübke ist eine Idee der Wirtschaftsförderung der Stadt Schönebeck (Elbe), dem negativen Gefühl, das leere Fenster vermitteln, entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird auf Institutionen und Informationen der Stadt Schönebeck (Elbe) hingewiesen, im heutigen Fall auf das Industrie- und Kunstmuseum iMUSEt und die Tourist-Information am Markt beziehungsweise den Ausstellungsort des Original-Kunstwerkes. „Mit der Gestaltung der Schaufenster wird unsere Innenstadt attraktiver, gleichzeitig auch informativer“, erklärte Oberbürgermeister Bert Knoblauch. „Dennoch ist unser langfristiges Ziel natürlich, die leerstehenden Gewerbeimmobilien neu zu vermieten.“

Mit der Fenstergestaltung wird ein Element des Tourismuskonzeptes der Stadt Schönebeck, das im November 2021 vorgestellt wurde, umgesetzt. Durch gezielte Zwischennutzungen können so aus leeren Schaufenstern echte Hingucker und Ausstellungen werden. Damit werden die Gebäude aufgewertet und attraktiver gestaltet.

In Zukunft könnten gemeinsam mit Künstlern und Kulturschaffenden die leeren Schaufenster als Galerie für Kunstwerke oder Projektkunst genutzt werden. Das Bild, die Skulptur ist ins Schaufenster gestellt, mit einem Hinweis zum Künstler versehen und im besten Fall gibt es eine Info, wie und wo man das Kunstwerk erwerben kann. Ebenso können die Schaufenster genutzt werden um historische Aufnahmen der Stadt, Hinweise zur Stadtgeschichte etc. darzustellen. Ggf. könnten auch Elemente (Bühnenelemente, Kostüme) des Operettensommers oder aus dem Archiv des Salzlandmuseums dargestellt werden. „Wer eine Idee zur Gestaltung weiterer leerer Schaufenster hat, kann sich gern an uns wenden“, sagte Stefan Groth von der Wirtschaftsförderung der Stadt Schönebeck (Elbe).

Kontakt
Stadt Schönebeck (Elbe)
Breiteweg 11
39218 Schönebeck
Tel: (03928) 710-504
Mail: s.groth@schoenebeck-elbe.de

 

Werner Tübke (*30.7.1929 in Schönebeck, †27.5.2004 in Leipzig)

Der in Schönebeck (Elbe) geborene, bedeutende deutsche Kunstmaler Prof. Werner Tübke genießt weltweit ein hohes Ansehen und hat ein umfangreiches, spektakuläres, tiefschürfendes und von höchster Meisterschaft geprägtes Werk hinterlassen. Die Stadt Schönebeck (Elbe) hatte schon zu Lebzeiten eine Bronzetafel am Geburtshaus des Malerfürsten am Markt 13 anbringen lassen.

Die ersten künstlerischen Schritte unternahm Werner Tübke schon in seiner Vaterstadt an der Elbe. Naturstudien gingen mit ersten Zeichnungen der Elbauen, aber auch des Marktes von Schönebeck einher. Nach einer Malerlehre, dem Besuch der Handwerksmeisterschule in Magdeburg sowie dem Abitur 1946/47 studierte Werner Tübke von 1948-1950 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig. Besonderen Einfluss übte dabei die Künstlerin Katharina Heise auf ihn aus, deren Schönebecker Kreis er angehörte.

Es folgte ein von großer malerischer Intensität geprägtes Leben für die und mit der Kunst in Leipzig. Tübke unternahm inspirierende Reisen wie etwa nach Italien und war einer der herausragenden Maler der periodischen DDR-Kunstausstellungen in Dresden. Sein Lebenswerk stiftete er schließlich testamentarisch dem Germanischen Nationalmuseum. Ausgestellt werden viele seiner Werke indes in einer Dauerwerkschau in seinem ehemaligen Domizil und Atelier in der Leipziger Springerstraße. Werner Tübke wurde 2004 auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt. Im Mai 2006 ist die Tübke Stiftung Leipzig ins Leben gerufen worden.

Nach einem Auftrag der DDR-Regierung im Jahre 1976 schuf der Künstler in elfjähriger intensiver Schaffensperiode, die seine körperliche Leistungsgrenze strapazierte, das einzigartige Monumentalgemälde "Die Frühbürgerliche Revolution in Deutschland". Dieses ist seit 1987 in einem Panorama-Rundbau auf dem Schlachtberg in Bad Frankenhausen zu bewundern. Das Ölgemälde ist 123 Meter lang und 14 Meter hoch, wurde in gewohnt altmeisterlicher Technik gemalt und zeigt über 3000, oft lebensgroße Figuren.

Gemälde: „Die Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“
Hatten sich manche Kulturpolitiker der DDR ein konformistisches, plakatives, ja propagandistisches Werk rund um den Bauernkrieg in der bloßen Auseinandersetzung zwischen Arm und Reich mit Schrecken und Ausbeutung erwartet, setzte Tübke dem ein nachhaltiges, eigenwilliges, kritisches sowie religiös, kulturhistorisch und philosophisch tiefsinniges Gemälde in höchster technischer Meisterschaft entgegen. Es sucht seinesgleichen und seine Streitbarkeit und sein Anspruch sollten auch in der modernen demokratischen Gesellschaft Bestand haben und Anerkennung genießen.
Es ist nicht übertrieben, wenn viele Betrachter sagen: "Dieses Bild muss man einfach gesehen haben." Man kann Stunden und Tage "darin" verbringen, entdeckt immer wieder neue Details, die zum Nachdenken anregen und angesichts des geschichtlichen Hintergrundes den Bogen in die heutige Zeit zu schlagen imstande sind. Zentrale Themen sind der Deutsche Bauernkrieg, die Reformation im 16. Jahrhundert und die bahnbrechende Kulturepoche der Renaissance selbst.
Tübke beschreibt einerseits die großen gesellschaftlichen Umbrüche vom ausgehenden Mittelalter hin zur "Wiedergeburt" der Antike vor allem im 16. Jahrhundert als Übergangsphase zur Neuzeit. Andererseits zeigt er das innere Mysterium des menschlichen Daseins und dessen Janusköpfigkeit mit Geburt und Tod, mit Glaube, Liebe, Hoffnung und Hass - von den Tugenden bis zu den Todsünden, von der Sinnlichkeit bis zum Sinn, von der Vertreibung der Musen bis zu apokalyptischen Ahnungen und Mahnungen.

Tübkes Panoramagemälde ist ein wunderbares wie wundersames Kaleidoskop der menschlichen Fehlbarkeit wie ebenso ihrer Leistungsfähigkeit. Das komplex durchstrukturierte und dennoch bewusst irritierende Werk ist von mystischen Anspielungen, Metaphern und Allegorien durchsetzt. Es zeigt opulente Schlachtszenen ebenso wie kulturtechnische Entwicklungen (Buchdruck) oder die bekannten handelnden Figuren der Zeitgeschichte wie Müntzer, Luther, Melanchthon, und Gutenberg. Auch Päpste, Herrscher und Inquisitoren fehlen nicht. In historische Figuren verpackte Selbstbildnisse des Künstlers finden sich ebenso wie die immer wieder in wechselnden Posen und Aussagen erscheinenden Narren bzw. Harlekine, die den Bildrundgang augenzwinkernd "begleiten".
Der westdeutsche Kunsthistoriker Eduard Beaucamp interpretierte das Rundbild als "historische Parabel menschlicher Irrungen und Wirrungen". Das Werk transzendiere die historische Wirklichkeit des Bauernkrieges "in die Zeitlosigkeit der apokalyptischen Entstehung der Welt oder deren Untergang". Über die Lebenserfahrungen des Künstlers hinaus werde das Schlachtbergpanorama so zum Spiegel einer von Utopien enttäuschten Übergangszeit. Das Werk verfügt indessen über einen kaum zu übertreffenden Schauwert auf der einen und über eine ebensolche gedankliche Tiefe auf der anderen Seite. Insofern hat der unnahbare Mensch Werner Tübke ein nahbares Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht.